Wo ein Wille, da ein Weg

Mühle Meiningen 2008

Januar 2008 bis April 2008: Wir waren der Hoffnung, dass wir nach dem Winter sofort mit der Fortführung der Arbeiten starten können. Aber die Auftragslage hatte uns noch fest im Griff und so konnten wir nur tageweise das Notwendigste erledigen. Vorrangig war, den Wasserablauf im Tunnelbereich frei zu machen. Inzwischen waren wir ja bereits so weit, dass man in den Durchgang in gebückter Haltung durchlaufen konnte. Immer schön nach dem gleichen Muster, die Steine einmal nach links, dann wieder nach rechts umzuräumen. Das Wasser sorgt dann dafür, dass dann Feinablagerungen abtransportiert wurde – und wir, sorgten dafür, dass Abfall – alles was nicht in den Bach gehörte – Ölkanister, Autobatterien, Eisenteile, Autoreifen usw. vorschriftsgemäß entsorgt wurden.

Wir haben ja ein klares Ziel: Ende des Jahres soll der erste Abschnitt der Hochwasserverrohrung gelegt sein. Wir benötigen einen ganzen Schwung an Betonrohren DN400. Da sich die Gelegenheit bot, kauften wir auch einen größeren Posten Schalungsmaterial. Mit unserem treuen Weggefährten, unserem MAN LKW und entsprechenden Anhängern holten wir Material von Bremen, Berlin und aus Süddeutschland nach Meiningen. An manchen Wochenenden waren 1000km auf der Straße und 30Std. Freizeitspaß keine Seltenheit. Von unseren Nachbarn wurden wir manchmal recht fragend angeschaut. Man konnte es förmlich in den Augen lesen: Was soll denn das werden? Uns wurde zugetragen, es werde gemunkelt, wir würden einen Holzhandel aufmachen?!

Kurz vor dem Mai 2008 ist ein großer Teil des befahrbaren Bereichs unseres Areals mit Baumaterial belagert. Das logistische Problem wird uns noch lange begleiten.

Mai 2008: Aufatmen! Unsere Terminaufträge waren nach 15 Monaten soweit abgewickelt, dass wir uns wieder etwas verstärkt um das Objekt kümmern konnten.

Platz schaffen war angesagt. Unser Baggerle bekam seinen ersten größeren Einsatz. Wir gruben uns in die hangseitige Böschung, und schafften dabei neben Unmengen an zugerichteten Steinen auch unzählige Gummischläuche zutage. Und immer weder Ziegelsteine, Ziegelsteine, Ziegelsteine aus vielen Jahrhunderten, handgeformt, Klosterformate, Vollziegel neueren Datums… – es mutete manchmal an, wie eine Zeitreise in die Ziegelstein-geschichte. Mit den Ziegelsteinen begannen wir inzwischen den Hang im Bachbereich zu befestigen, eine Treppe zum Bach anzulegen und den Rest kubikmeterweise  aufzustapeln. Hier wurde uns zum ersten Mal klar, wenn man auf diesem Grundstück zu graben beginnt, findet man Steine, Restfragmente alter Mauern – und Müll.

Juni 2008: Ende Mai waren wir richtig stolz, dass sich die Hangmauer so langsam nach oben streckte. Wir hatten pö a pö die ausgegrabenen Steine schön geschlichtet und kaum gruben wir vor der Wand noch etwas tiefer, kam ein weiteres Fundament einer einstigen Mauer mit 60cm Wandstärke zum Vorschein.

Juli 2008: Zwischenzeitlich arbeiten wir an mehreren Ecken: Vor dem Grundstück im Bach bis zu Fußgängerbrücke; wir schlichteten die talseitige Stützwand auf, die Treppen zum Bach wuchs stetig; und wir arbeiteten im Bereich der Wasserwelle. Hier kamen Holz- und Stahlteile zum Vorschein, die den  Schluss zuließen, dass ein Restfragment des einstigen Wasserrades noch auf die Bergung wartet.

Gisela arbeitete an der neuen Hangmauer. Sie hatte sich den Spaß gegönnt, die im Mai geschlichtete Mauer nochmals komplett nach vorne auf das gefundene Fundament zu setzen und nun entstand eine dritte, komplette Stützwand mit einer Gesamtstärke von über einem Meter. Errichtet in klassischer Trockenwandbauweise.

Das Bachbett lag zu diesem Zeitpunkt  bereits 1,20m tiefer als zum Zeitpunkt der Grundstücks-Übernahme und die Ausmaße des Radganges wurden erkennbar.

August 2008: er August stand ganz im Zeichen des „Mauerbaus“. So langsam wurde klar, welche Dimension dieses Projekt annehmen wird. Zwischenzeitlich war der Durchgang nach der fünften oder sechsten Umschlichtaktion ebenerdig und halbwegs bereinigt. Zwischenzeitlich hatten wir auch einige kleiner Bäume gefällt…

September 2008: Es war für uns absolut erstaunlich. Am alten Wehr tummelten sich drei Bachforellen – trotz Niedrigwasser, aber unsere schwimmenden Freunde schienen sich wohl zu fühlen.

Oktober 2008: Wie klein und unbedeutend Menschen sind! Aber es ist immer wieder erstaunlich, was Menschen schaffen können, wenn sie nur wollen. 

Wir arbeiteten morgens, ab 7:00 Uhr im Büro, fuhren später nach Meiningen, arbeiten hier einige Stunden, fuhren dann wieder zurück – um dann noch einige Stunden im Büro weiter zu schaffen.. Summa summarum 200 km für jeden „Freizeitspaß-Arbeitstag“ in Meiningen.

Mit den Händen zu arbeiten ist ja keine Schande, auch wenn wir hier oft den Eindruck gewinnen, dass sich Menschen schämen, wenn sie arbeiten (müssen) während andere, die nichts tun, zusehen.

November 2008: Endlich war es soweit. Wir waren auf der Bachsohle angekommen – auch nach 20cm tiefer graben, fand sich kein Müll mehr, sondern nur noch Kies und Feingeschiebe. Dank der Kraft unseres Baggerles konnten wir die Betonrohre in das Bachbett einbringen, um den ersten Abschnitt der Hochwasserverrohrung anzulegen. Wir sind ja im Thüringer Wald und der Winter hatte angeklopft.  Und wie immer, wenn die Zuleitung zu den Brunnen der Stadt aus den Quellen abgestellt wird, führt der Bach ein Vielfaches der Wassermenge.

Dezember 2008: Und über allem der Zauber der winterlichen Stille.  

Die erste Schneeschmelze im Dezember hatte uns aufgezeigt, welche Wassermengen aus den Quellen austreten können. Für uns war das erfreulich, förderten unsere beiden Rohrhaltungen doch das Wasser voll umfänglich ab. Wir waren guter Dinge und zufrieden mit dem Jahresergebnis.